Kriegsdienstverweigerung ist Menschenrecht

Ruf aus Wittenberg

(07.09.2014) Die Bausoldaten haben in der DDR den Dienst an der Waffe verweigert. Damit wollten sie ein deutliches Zeichen für Gewaltfreiheit und Frieden setzen. Dennoch mussten sie bei den Baueinheiten – zwar ohne Waffen, doch voll integriert in das militärische System der NVA – einen Wehrdienst leisten. Das Recht auf Kriegsdienstverweigerung und ein ziviler Ersatzdienst wurden ihnen verwehrt.

Aus dieser Erfahrung heraus setzten und setzen sich viele Bausoldaten für das Recht auf Kriegsdienstverweigerung ein. Bis heute ist es keine Selbstverständlichkeit. Die Verankerung des Rechtes auf Kriegsdienstverweigerung im Grundgesetz der Bundesrepublik halten wir für eine große Errungenschaft, die es zu schützen gilt.

Angesichts zahlreicher Kriege weltweit wie im Nahen Osten und in der Ukraine bleibt die umfassende Durchsetzung des Rechts auf Kriegsdienstverweigerung international von größter Bedeutung. Die Entscheidung zur Verweigerung des Kriegsdienstes muss ohne Gewissensprüfung respektiert und eine Verfolgung oder Benachteiligung von Verweigerer_innen gestoppt werden.

Wir erinnern die Kirchen an die geistigen Wurzeln jenes Rechtes in prophetischen Visionen und Bergpredigt, in Früher Kirche und reformatorischer Achtung des Gewissens, in pazifistischen Orden, Gruppen und Freikirchen sowie im Menschenbild der Aufklärung. Wir bitten sie, für Kriegsdienstverweigerer_innen einzutreten und für sie zu beten, wie das in der DDR Praxis war.

Bundestag und Regierung der Bundesrepublik Deutschland fordern wir auf, sich international stärker für das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung zu engagieren. Wegen Kriegsdienstverweigerung verfolgte Flüchtlinge müssen generell Asyl in Deutschland erhalten können.

In Deutschland wurde die Wehrpflicht ausgesetzt, dienende Zeit- und Berufssoldat_innen müssen sich bei einer Entscheidung zur Kriegsdienstverweigerung dennoch einer Gewissenprüfung unterziehen. Ein Prüfverfahren, um das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung in Anspruch nehmen zu können, halten wir weder für zeitgerecht noch für legitim, da ein Gewissen nicht prüfbar ist. Im Zweifel führt die Prüfung zur Vorenthaltung dieses Grundrechts. Die Gesetzgebung zum Kriegsdienstverweigerungsrecht der Bundesrepublik ist dahingehend zu reformieren.

Über das weltweite individuelle Recht auf Kriegsdienstverweigerung hinaus, ist angesichts der aktuellen Krisen, gewaltsamen Konflikte und Kriege eine aktive, langfristig angelegte Friedenspolitik gefordert. Diese muss auf den zivilen Instrumenten der Konfliktbearbeitung basieren, die umfassend auszubauen sind. Notwendig ist die Abkehr von einem am Sicherheitsdenken orientierten Reagieren, hin zu einem verantwortungsbewussten, gewaltfreien Agieren im Sinne der Friedenslogik.

Der Aufruf wurde auf dem Bausoldatenkongress 2014 – „Friedenszeugnis ohne Gew(a)ehr“, der vom 5.-7. September 2014 in Wittenberg stattfand, von etwa 150 TeilnehmerInnen des Kongresses unterzeichnet. (...mehr)

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