Atalya Ben Abba

Atalya Ben Abba

Israel: „Ich verweigere, weil ich politisch handeln will“

von Atalya Ben Abba

(06.02.2017) Ich bin Atalya Ben Abba. Ich bin 19 Jahre alt und komme aus Jerusalem. Am 6. Februar werde ich die Einberufung zur Armee aus Gewissensgründen verweigern. Ich habe mich dazu entschieden, nicht zur Armee zu gehen, weil ich nicht mit einer repressiven, diskriminierenden und rassistischen Politik der israelischen Regierung in den besetzten Gebieten kooperieren will. Ich denke, dass die derzeitige Situation von einer beispiellosen und unannehmbaren Gewalt bestimmt ist. Es macht keinen Sinn und dient nicht den Interessen Israels und ganz sicher nicht denen der PalästinenserInnen. Zum einen will ich daran nicht teilnehmen. Zum anderen will ich politisch handeln, um diese Realität zu ändern.

Mit meiner Verweigerung übe ich politischen Druck auf die Regierung aus, um Änderungen herbeizuführen, die Besatzung und die gewaltvolle Militärpolitik in den besetzten Gebieten zu beenden.

Meine beiden Eltern waren in der Armee. Ich denke, sie hätten es gern gesehen, wenn ich ginge. Mein Bruder ist politisch sehr aktiv und ging nicht zur Armee. Als er nach Hause kam und sagte: „Ich war in den besetzten Gebieten und sah die Besatzung und Unterdrückung“, hörte ich das erste Mal davon.

Seit kurzem bin ich eine Aktivistin und war im Jordantal und in den Bergen südlich von Hebron. Ich sah Menschen, die wie in einem Gefängnis leben unter Bedingungen, unter denen hier niemand würde leben wollen. Es schockierte mich. Ich fühlte, dass ich etwas tun muss, um dies zu ändern und zu beenden.

Ich sah Außenposten von Siedlungen, die illegal gegründet wurden. Es gibt zwar einen Befehl sie zu räumen, aber obwohl ich jede Woche dort war, die Erweiterungen der illegalen Siedlungen dokumentierte und den Behörden meldete, geschah nichts.

Wir demonstrierten gewaltfrei - das Militär ging mit Tränengas gewaltsam gegen uns vor. Die Außenposten sind weiter dort und expandieren. Das ist geradezu widerwärtig gegenüber den dort lebenden PalästinenserInnen. Ich musste einfach etwas tun - und für mich bedeutet das, zu verweigern.

Ich denke, am Militär teilzunehmen - und sei es nur im Ausbildungskorps oder zur Überwachung der libanesischen Grenze - bedeutet eben auch zu sagen: „Ich bin damit einverstanden, was hier passiert.“ Dazu bin ich nicht bereit. Ich bin nicht bereit, die Augen zu schließen. Ich will aktiv etwas tun, um das zu ändern.

Wenn wir Sicherheit wollen, brauchen wir andere Wege, die viel wirksamer sind, statt mehr Mauern zu bauen und mehr Schlagbäume zu errichten. Ich würde allen, denen die Einberufung bevor steht, empfehlen, in die Westbank zu gehen, um die Lebensrealität dort wahrzunehmen, sich zu fragen, warum die Situation so ist und welche Folgen es für uns selbst hat.

Die Bewegung des Ungehorsams ist wichtig, weil sie einen Raum schafft, den immer mehr VerweigerInnen nutzen können, eine Bewegung, an der sie sich beteiligen können. Ich hätte vermutlich nicht verweigert, wenn es nicht Menschen wie Tair Kaminer gegeben hätte.

Ich stehe nicht alleine. Ich mache das mit anderen Frauen, die verweigern und mit Frauen und Männern, die gemeinsam mit uns politisch aktiv sind. Sie sehen die Realität und wollen sie ändern. Vielleicht werden unsere Aktivitäten die Besatzung nicht beenden, aber es ist ein Beginn und es gibt Hoffnung. Das ist sehr wichtig.

Video unter https://972mag.com/watch-conscientious-objector-on-why-she-refuses-to-join-the-idf/125225/. 6. Februar 2017. Auszüge. Übersetzung: rf. Der Beitrag wurde veröffentlicht in: Connection e.V. (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, Ausgabe Juni 2017

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