Unser Referent: Vadim Damier

Unser Referent: Vadim Damier

"Es gab großes Interesse"

Bericht zur Veranstaltungsreihe "Machtproben im Kaukasus"

Interview mit Vadim Damier

Nach der Veranstaltungsreihe "Machtproben im Kaukasus", die im Februar 2009 von Connection e.V. und der DFG-VK Hessen durchgeführt wurde, sprachen Karin Fleischmann und Rudi Friedrich mit dem Referenten Vadim Damier aus Moskau.

Du hast jetzt in zehn Orten in Deutschland Veranstaltungen durchgeführt. Wie hast Du das Interesse der TeilnehmerInnen zu Deinem Beitrag wahrgenommen?

Ich kann sagen, dass es relativ großes Interesse gab. In aller Regel kamen zwischen 25 und 50 Personen zu den Veranstaltungen. Nur einmal waren es nur 15. Wir müssen ja in Betracht ziehen, dass der Krieg im Kaukasus im August 2008 stattfand, also schon einige Monate her ist. Inzwischen gibt es kaum noch Berichte darüber in den Medien und in der Öffentlichkeit. Dafür gab es von seiten der Friedensöffentlichkeit in der Bundesrepublik ein relativ lebendiges Interesse am Thema und an den Hintergründen zum Krieg.

Das hat für uns eine große Bedeutung. Zum einen ist uns, den antimilitaristischen Kräften in Russland, das Interesse in anderen Ländern wichtig. Es stellt auch eine gewisse Unterstützung und ein Schutz gegen Repressionen dar, die bei uns möglich sind. Zum anderen hat es große Bedeutung für uns, dass wir unser internationalistisches Bild, unsere Position gegen jeden Nationalismus, darstellen können.

Haben sich für Dich neue Kontakte ergeben?

Ich konnte einige schon länger bestehende Kontakte wieder auffrischen, so zur DFG-VK oder zu Connection e.V.

Und es haben sich erfreuliche neue Kontakte ergeben, so z.B. zur graswurzelrevolution. Ich habe schon immer mal die Zeitung gelesen, hatte aber nie einen umfassenden Eindruck dazu. Nun traf ich einige Aktiven und Redakteure. Wir sprachen sogar über die Möglichkeit, Reportagen für die Zeitung aus Moskau zu schreiben.

Zudem war es für mich sehr interessant und wichtig, das Protestcamp gegen den Ausbau des Frankfurter Flughafens zu besuchen. In Russland habe ich schon an mehreren Protestcamps teilgenommen. Aber in Deutschland sah ich das jetzt zum ersten Mal. Das war wirklich schön. Ich konnte im Camp auch kurz über die anarchistische und ökologische Bewegung in Russland berichten und den Aktiven dort unsere moralische Unterstützung aussprechen. Ich will über das Camp auch in unserer Zeitung berichten.

Wie ich dort erfahren hatte, wurde vom Camp aus eine autonome Republik proklamiert. In Anlehnung an Erfahrungen aus Neuseeland fällt mir dazu eine interessante Möglichkeit für die politische Arbeit ein. Sie könnten Briefmarken drucken und verkaufen. Auf diese Art und Weise finanziert sich die Initiative in Neuseeland. Ich habe nur eine Bitte. Wenn das zustande kommt, schickt mir bitte eine Briefmarke.

Gibt es von Deiner Seite Vorschläge zur Organisation der Veranstaltungsreihe?

Es war schon anstrengend, so viel in Deutschland herumzureisen, erst nach Westen, dann nach Süden, dann wieder nach Westen usw. Es wäre besser, wenn die geografisch in der Nähe liegenden Veranstaltungsorte hintereinander angefahren werden könnten. Das war nicht immer der Fall. Ich verstehe zwar, dass dies nicht allein von Connection e.V. abhängt, sondern auch von den Wünschen und Vorstellungen der Gruppen vor Ort. Aber es wäre besser, wenn solch eine Veranstaltungsreihe mit weniger Fahrzeiten für den Referenten verbunden wäre.

Bei den Veranstaltungen selbst habe ich am Ende in Hannover festgestellt, dass es vermutlich besser gewesen wäre, meinen Vortrag etwas anders zu gestalten. Er hatte ja an sich drei Teile: zu den Hintergründen des Krieges einschließlich einer Analyse der dahinter stehenden Interessen, über die Antikriegsbewegung sowie über die Situation in der Armee. Fast immer habe ich zunächst den ganzen Vortrag gehalten, woran sich dann Fragen und manchmal eine Diskussion anschloss. In Hannover, bei der letzten Veranstaltung, haben wir jedoch nach jedem Teil Beiträge aus dem Publikum zugelassen. Dadurch gab es mehr Fragen und Diskussion.

Das wäre sicherlich nicht überall möglich gewesen, weil es tatsächlich eine gute Moderation voraussetzt – und die gab es nicht überall.

Was hat Dir nicht gefallen?

Ehrlich gesagt, die doch begrenzte Zahl der TeilnehmerInnen. Ich glaube, dass vor zwanzig Jahren viel mehr gekommen wären. Leider spürt man auch hier, dass sich die sozialen Bewegungen nicht im Aufwind befinden. Ich ahnte es ja schon, aber es ist etwas anderes, es selbst zu sehen. Der Kreis der Aktiven ist doch klein. Hoffnung gaben mir einige Artikel in der graswurzelrevolution, die aus den sozialen Bewegungen berichteten und die Erwartung aussprechen, dass ein neuer Zyklus des Widerstandes beginnt. Ich kann das nicht beurteilen, aber es wäre wirklich gut.

Was war für Dich der wichtigste inhaltliche Punkt?

Mir gefiel, dass die Leute hier – zumindest in der Friedensbewegung – ein großes Verständnis für eine Position gegen nationalistische Politik haben. Das ist mir wirklich wichtig. Leider ist diese Position in Russland, auch bei den Linken, schwächer geworden. Und so empfand ich es als sehr positiv, hier solch ein Verständnis dafür zu finden.

Interview mit Vadim Damier. 14. Februar 2009. Die Fragen stellten Rudi Friedrich und Karin Fleischmann. Abschrift und Bearbeitung: Rudi Friedrich

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