Arbeit von Connection e.V.

Juli und August 2004

von Franz Nadler und Rudi Friedrich

Veranstaltungsreihe "In welcher Verfassung ist Europa?"

Auf Einladung des Landesverbandes Hessen der Deutschen Friedensgesellschaft-Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) wird Rudi Friedrich im November eine Veranstaltungsreihe zu dem Sammelband "In welcher Verfassung ist Europa? - EU: Militarisierung und Flüchtlingsabwehr" durchführen. Auch wenn die Regierungschefs der Europäischen Union den Entwurf des Europäischen Konvents schon abgesegnet haben, so tritt diese Verfassung noch lange nicht in Kraft. Zunächst muss sie in allen EU-Mitgliedstaaten ratifiziert werden, teilweise via Parlamentsentscheidung, teilweise über ein Referendum.

Und eine Diskussion darüber ist dringend geboten. Wird diese Verfassung beschlossen und schließlich auch ratifiziert, wird sie einen rechtlich höheren Stellenwert erhalten, als er den nationalstaatlichen Verfassungen der Mitgliedsländer der Europäischen Union beigemessen wird.

In den Bereichen der Militarisierung und Flüchtlingsabwehr würden mit dem Verfassungsentwurf bisherige Weichenstellungen festgeschrieben werden, wie verschiedene Kampagnen "gegen diese Verfassung" zu Recht feststellen. Der Artikel I-40 würde die EU-Mitgliedstaaten zur Aufrüstung verpflichten, ein "Europäisches Amt für Rüstung, Forschung und militärische Fähigkeiten" erhielte Verfassungsrang, nach Artikel III-210 sollen EU-Streitkräfte weltweit eingesetzt werden können. Das EU-Parlament soll für den militärpolitischen Bereich nur gehört werden, aber keine Entscheidungsgewalt haben (I-40). Die Militärpolitik wäre zudem der Kontrolle des Gerichtshofes der Europäischen Union (III-282) entzogen.

Nach Artikel II-18 würde sich die Europäische Union zum Asylrecht bekennen - "nach Maßgabe des Genfer Abkommens". In anderen Verfassungspassagen spiegelt sich jedoch der repressive Zungenschlag der EU-Flüchtlingspolitik wieder. Sie würden die Möglichkeit legitimieren, den Flüchtlingsschutz in Transit- und Herkunftsländer auszulagern und damit faktisch abzuschaffen (III-167).

Das Recht auf Kriegsdienstverweigerung ist zwar als Teil der "Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit" enthalten (II-10). Es würde jedoch den Einzelstaaten überlassen, wie dies ausgestaltet wird. Damit wären die bestehenden repressiven Regelungen faktisch legitimiert. Insbesondere das Recht von Soldatinnen und Soldaten, den Kriegsdienst zu verweigern, wird von vielen EU-Mitgliedstaaten eingeschränkt oder gar ausgeschlossen.

Es zeichnen sich also gravierende Konsequenzen bei der Militarisierung und Flüchtlingsabwehr der Europäischen Union ab. Stattdessen gilt es, für Entmilitarisierung, ein offenes Europa und einen umfassenden Flüchtlingsschutz zu streiten.

Etwa 10 Veranstaltungen sind bereits geplant. Die DFG-VK Hessen freut sich über weitere Anfragen von Gruppen und Organisationen.

Das von Rudi Friedrich u.a. herausgegebene Buch gibt es im Buchhandel (ISBN 3-931786-374).

Unterschriftensammlung Türkei

Nachdem wir dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge im Juni mehrere Hundert Unterschriften für die Anerkennung der Kriegsdienstverweigerung als Asylgrund geschickt hatten, kam im August eine Antwort. Das Bundesamt schreibt uns, dass "die zwangsweise Heranziehung zum Wehrdienst und die damit verknüpfte Sanktion wegen Kriegsdienstverweigerung und Desertion, selbst wenn sie von weltanschaulich totalitären Staaten ausgeht, nicht schon für sich allein eine politische Verfolgung dar(stellt)." So stelle auch die Praxis in der Türkei grundsätzlich keine politische Verfolgung dar. Allerdings könnten "Gefahren aus anderen Gründen, beispielsweise aus einer exponierten exilpolitischen Tätigkeit resultieren." Jeder Einzelfall werde daher vom Bundesamt sehr sorgfältig geprüft.

Das entbehrt nicht einer gewissen Zynik, wo wir doch in den vergangenen Jahren mehrmals den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages angerufen hatten, um Bescheide abändern zu lassen - in drei Fällen mit Erfolg. Immer wieder ging es dabei um die Frage, ob das Bundesamt die angegebenen Gründe ausreichend gewürdigt hatte. Der Petitionsausschuss befand: Nein. Das Bundesamt revidierte daraufhin die Entscheidungen. Und auch das Kirchenasyl für die Familie Ece zeigt, dass deutsche Behörden vorsorglich abzuschieben versuchen und damit eingelegte Rechtsmittel unterlaufen

Die Antwort des Bundesamtes auf Hunderte von Unterschriften ist daher völlig unzureichend. Wir bleiben dran.

Unterstützung israelischer KriegsdienstverweigerInnen

Nach der Sommerpause wird inzwischen der E-Mail-Aufruf zur Unterstützung israelischer KriegsdienstverweigerInnen wieder stärker genutzt. Eine Reaktion der israelischen Regierung steht bislang aus.

Eine der bei uns im Internet vorgestellten Verweigerinnen, Laura Milo, ist gerade vom Obersten Gericht Israels mit ihrem Anliegen abgelehnt worden, als Kriegsdienstverweigerin von der Ableistung des Militärdienstes ausgenommen zu werden. Nun droht ihr erneute Inhaftierung.

Weitere junge Männer und Frauen haben sich in den letzten Wochen entschlossen, den Kriegsdienst zu verweigern und auf die anstehenden Arreste und Auseinandersetzungen mit dem Militär vorbereitet.

 

aus: Connection e.V. und AG »KDV im Krieg« (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, Ausgabe September 2004

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