Aktion für Kriegsdienstverweigerer Enver Aydemir in Istanbul, 2. Januar 2010

Aktion für Kriegsdienstverweigerer Enver Aydemir in Istanbul, 2. Januar 2010

"Ich werde keinen Militärdienst in einem laizistischen Land ableisten"

Enver Aydemir erklärt seine Kriegsdienstverweigerung

Enver Aydemir ist einer der Ersten, der seine Kriegsdienstverweigerung aus seiner muslimischen Glaubensüberzeugung heraus erklärt hat. Er wird von Mazlumder Koaceli unterstützt.

Am 24. Juli 2007 wurde er trotz seiner Erklärung zur Kriegsdienstverweigerung einberufen und zu seiner Einheit gebracht, wo er die Ableistung des Dienstes verweigerte. Am 4. Oktober 2007 wurde er mit der Bedingung aus der Haft entlassen, dass er sich selbst bei seiner Einheit zur Ableistung des Militärdienstes meldet. Dieser Aufforderung kam er nicht nach. Im Folgenden dokumentieren wir seine Stellungnahme vom 8. Oktober 2007 (d. Red.).

Ich, Enver Aydemir, wurde am 24. Juli 2007 zu Hause festgenommen und in die Einheit der Gendarmerie nach Bilecik gebracht. Dort erklärte ich den Offizieren, dass ich keinen Militärdienst in einem laizistischen Land ableisten und niemals für ein solches System der Wehrpflicht nachkommen werde, da die Kommandeure der türkischen Streitkräfte auf Grundlage ihrer laizistischen Werte meinen religiösen Überzeugungen gegenüber feindlich eingestellt sind.

Während meines Aufenthaltes in Bilecik musste ich feststellen, wie richtig ich mit meiner Annahme lag: Meiner Mutter und meiner Frau wurde nicht gestattet, das Militärgelände zu betreten, um mich zu besuchen, da sie Kopftücher trugen. Es ist für mich unmöglich, dies Verhalten der Kommandeure gegenüber islamischen Werten zu akzeptieren, da mein Glaube der wichtigste Wert in meinem Leben darstellt. Aufgrund all dieser Gründe erklärte ich meine Kriegsdienstverweigerung. Ich will nicht Teil einer Organisation sein, die die grundlegenden Glaubensüberzeugungen von muslimischen Menschen beleidigt.

Wie auch immer, ich möchte die Tatsache betonen, dass ich mit keiner der grundlegenden Werte, mit denen die Republik Türkei gegründet wurde, sympathisiere. Ich möchte ja auch nicht, dass irgendjemand mit meinen religiösen Überzeugungen sympathisiert, weil er dazu gezwungen wird. Angesichts der Bedingungen des Landes, in dem ich lebe und der durch das soziale Leben gegebenen Verantwortung erkläre ich, dass ich einen zivilen Ersatzdienst ableisten kann, so lange meine religiösen Überzeugungen und individuellen Rechte dabei respektiert werden (Recht auf Ausbildung, Recht auf Kleidung nach meinem eigenen Glauben, Meinungsfreiheit usw.).

Enver Aydemir vom 8. Oktober 2007. Übersetzung: Rudi Friedrich. Der Beitrag wurde veröffentlicht in: Connection e.V. und AG »KDV im Krieg« (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, Ausgabe März 2008.

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