Israel/Palästina

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Israel: Drusen und Militärdienst

von Samer Swaid

(07.06.2012) Die Minderheit der arabischen Drusen ist eine der palästinensischen Gruppen, die bereits vor der zionistischen Immigration auf dem Gebiet des heutigen Israel lebten. Seit den 1930ern knüpfte die Führung der Juden in Palästina Bande mit Mitgliedern der unteren Ränge der drusischen Führung. Später stürzte der israelische Staat die alte drusische Führung und setzte an ihrer Stelle Kollaborateure ein. (...)

Eine weitere Strategie des Staates war es, Drusen gegen die arabischen Brüder aufzuwiegeln, indem der Glaube der Drusen als einzigartig und andersartig vom Islam dargestellt wurde. Dies führte zu einer Politik des „Teile und Herrsche“, mit dem Ziel, die Drusen von den anderen palästinensischen Israelis zu spalten. Teil der Politik war es auch, den Drusen bessere Bedingungen zu ermöglichen, größere finanzielle und politische Unterstützung zu geben, sie in den offiziellen Ausweisen als eigenständige ethnisch-religiöse Gruppe („Druse“, nicht „Araber“) auszuweisen und ein eigenständiges Ausbildungssystem für sie aufzubauen, mit dem die Sonderstellung der Drusen gestärkt wurde. Diese Politik führte zu einer zunehmenden Israelisierung der Drusen und stärkte unter ihnen die Idee, dass im Konflikt im Nahen Osten Drusen und Juden gemeinsame Interessen gegenüber Palästinensern und Arabern haben. Das hatte zur Folge, dass sowohl der Staat, als auch die traditionelle Führung der drusischen Gemeinschaft übereinkamen, dass drusische Männer der Wehrpflicht unterliegen sollten (sie gilt nicht für andere Palästinenser), was 1956 entsprechend umgesetzt wurde.

Als die Wehrpflicht für drusische Männer eingeführt wurde, gab es bei der drusischen Gemeinschaft beträchtlichen Widerstand dagegen. Hillel Cohen beschreibt in seinem Buch Good Arabs (2010 veröffentlicht bei University of California Press) in einem Kapitel den Widerstand der ersten Tage. Es gab Treffen und Petitionen, die sich an alle Entscheidungsträger des Landes wendeten. 1958 wurde die Organisation der Freien Drusischen Jugend (Free Druze Young People Organization) gegründet, die gegen die Wehrpflicht war und zur Verweigerung des Militärdienstes aufrief. Unter den Gründern waren die Poeten Samih al-Qasim und Naef Salim sowie der Schriftsteller Mahmmad Nafaa (heute Geschäftsführer der Kommunistischen Partei Israels). Die Organisation wurde unter der Jugend der drusischen Gemeinschaft populär. Sie arbeitete geheim unter den Bedingungen des in dieser Zeit gegenüber den palästinensischen Israelis geltenden Kriegsrechts. 1972 gründeten Mitglieder der Organisation zusammen mit Scheich Farhoud Farhoud, dessen Sohn die Einberufung verweigerte, das Drusische Initiativkomitee mit Unterstützung der Kommunistischen Partei Israels.

Das Drusische Initiativkomitee ruft zur Verweigerung auf und unterstützt diejenigen, die den Militärdienst verweigern. Nach Untersuchungen, wie einer 2010 von Prof. Majid Al-Haj von der Universität in Haifa veröffentlichten, würden zwei Drittel der drusischen Jugendlichen verweigern, wenn sie die Wahl hätten. Allein das zeigt den großen Erfolg der Arbeit des Drusischen Initiativkomitees trotz der geringen Möglichkeiten des Komitees im Vergleich zu den staatlichen Institutionen und der militaristischen Ausbildung in den vom Staat betriebenen drusischen Schulen. Der „Bericht zur nationalen Stärke“, der jedes Jahr auf der Herzlia Konferenz (einer großen Versammlung der israelischen „Sicherheitsexperten“) vorgestellt wird, „warnte“ vor zwei Jahren davor, dass der israelische Staat die drusische Bevölkerung „verliert“ und sich immer weniger Drusen als israelische Patrioten sehen.

Dafür, dass sich Drusen von ihren Verbindungen zur Armee distanzieren, gibt es objektive Gründe. Sie haben mit der Politik der israelischen Regierung zu tun, die Drusen genauso wie andere arabische Bürger in Israel diskriminiert, trotz ihrer Wehrpflicht. Wir vom Drusischen Initiativkomitee arbeiten auch für die Entmilitarisierung der Gesellschaft und konnten das auf die Tagesordnung setzen. Wir arbeiten mit den Eltern in den Schulen, die anfangen, gegen die Indoktrinierung der militaristischen Werte Widerstand zu leisten: mit einigem Erfolg. Wir unterstützen auch verschiedene Auseinandersetzungen gegen die Beschlagnahmung von Land, eine Politik, die mit Tempo drusische Städte in Israel einschnürt.

In den letzten Jahren wurden zwei weitere drusische Organisationen gegründet, die die Verweigerung unterstützen. Sie betonen aber die nationalen Aspekte der Verweigerung, während wir mehr auf die Gewissensfrage setzen.

Über die Jahre hinweg sahen sich drusische Verweigerer harter Behandlung durch das Militär ausgesetzt. Sie erhielten mehr als doppelt so lange Haftstrafen wie andere Verweigerer. Es war Teil einer bewussten Politik, um junge drusische Männer zu verängstigen und einzuschüchtern und ihnen so mitzuteilen, dass sie mit harter Bestrafung zu rechnen haben. Zu ergänzen sind die Einschränkungen, denen sich die ausgesetzt sehen, die später verweigern. Seit 2006, so unsere Hochrechnung, saßen allein die jungen Männer aus der Stadt Peki’in (sie hat 5.500 Einwohner, darunter 3.800 Drusen – und nur Männer sind wehrpflichtig) insgesamt 540 Jahre im Militärgefängnis. Dieser Trend hält bis heute an, auch wenn sich die Form geändert hat. Inzwischen werden drusische Verweigerer zu kürzeren Haftzeiten verurteilt. Bis sie aber aus dem Militär entlassen werden, gibt es viele solcher Urteile, so dass sie nicht einmal zu einem Jahr Haft verurteilt werden, sondern eine ähnlich lange Zeit durch sechs bis sieben einzelne Verurteilungen.

Samer Swaid, Geschäftsführer des Drusischen Initiativkomitees (Druze Initiative Committee) – eine Organisation, die seit ihrer Gründung im Jahre 1972 drusisch-palästinensische Kriegsdienstverweigerer in Israel unterstützt. 7. Juni 2012. Quelle: www.newprofile.org

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