Verweigerung des Militärdienstes aus Gewissensgründen

Entschließung des UN-Menschenrechtsrats

von UN-Menschenrechtsrat

Der Menschenrechtsrat,

eingedenk dessen, dass jede Person Anspruch auf die ihr nach der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte zustehenden Rechte und Freiheiten hat, ohne auf irgendeine Art und Weise nach Rasse, Farbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder anderer Überzeugung, Nationalität, sozialer Herkunft, Eigentum, Geburt oder anderem Status zu unterscheiden,

nochmalig versichernd, dass jede Person nach der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit hat, als auch das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit, sowie das Recht, nicht diskriminiert zu werden,

ebenso versichernd, das das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit die Freiheit einschließt, eine Religion oder einen Glauben nach eigener Wahl zu haben oder anzunehmen sowie die Freiheit, individuell oder in Gemeinschaft mit anderen, öffentlich oder privat, die eigene Religion oder den eigenen Glauben in Gottesdienst, Sitte, Praxis oder Lehre auszuüben und dass niemand einem Zwang unterliegen soll, der ihn bei der Wahlfreiheit für eine Religion oder einen Glauben beeinträchtigt, wie auch bei der Freiheit, die eigene Religion oder den eigenen Glauben auszuüben, mit Ausnahme von gesetzlich beschriebenen Einschränkungen, die notwendig zum Schutz der öffentlichen Sicherheit, Ordnung, Gesundheit oder Moral sowie der grundlegenden Rechte und Freiheiten von anderen sind,

erinnernd an Artikel 14 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, der das Recht eines jeden Menschen anerkennt, in anderen Ländern Asyl vor Verfolgung zu suchen und Schutz zu genießen,

ebenso erinnernd an alle bisherigen relevanten Resolutionen und Entschließungen, darunter der Resolution des UN-Menschenrechtsrates 20/2 vom 5. Juli 2012, den Resolutionen der Menschenrechtskommission 2004/35 vom 19. April 2004 und 1998/77 vom 22. April 1998, mit der die Kommission das Recht jedes Menschen anerkannt hat, Gewissensgründe gegen Militärdienst als legitime Ausübung des Rechts auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit zu haben, wie es in Artikel 18 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, in Artikel 18 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte und dem Allgemeinen Kommentar Nr. 22 (1993) des Menschenrechtskomitees dargelegt ist,

unter Hinweis auf die Stellungnahme Nr. 32 (2007) des Menschenrechtskomitees, mit der festgestellt wird, dass wiederholte Bestrafung von Militärdienstverweigerern aus Gewissensgründen, wenn sie einem erneuten Befehl, den Militärdienst abzuleisten, nicht nachkommen und dies auf einem unveränderlichen Entschluss beruht, eine Bestrafung in Bruch des Rechtsprinzips ne bis in idem1 darstellen kann,

anerkennend, dass die Verweigerung des Militärdienstes aus Gewissensgründen von Prinzipien und Gründen des Gewissens abgeleitet ist und tief empfundene Überzeugungen einschließt, die aus religiösen, moralischen, ethischen, humanitären oder ähnlichen Motiven erwachsen,

im Bewusstsein, dass Personen, die Militärdienst leisten, Gewissensgründe entwickeln können,

1. erkennt an, dass sich das Recht auf Militärdienstverweigerung aus Gewissensgründen vom Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit ableiten kann,
2. nimmt zur Kenntnis den analytischen Bericht des UN-Hochkommissars für Menschenrechte, der dem UN-Menschenrechtsrat zur 23. Sitzung aufgrund der Resolution 20/2 vorgelegt wurde2,
3. ermutigt alle Staaten, zuständigen Behörden, Programme und Fonds der Vereinten Nationen, zwischenstaatliche und nicht-staatliche Organisationen sowie Menschenrechtsinstitutionen umfassend mit dem Hochkommissariat zusammenzuarbeiten, um relevante Informationen für die Erstellung des nächsten alle vier Jahre erscheinenden Berichts zur Militärdienstverweigerung aus Gewissensgründen zur Verfügung zu stellen, insbesondere zu neuen Entwicklungen, vorbildlichen Umsetzungen und verbleibenden Aufgaben,
4. nimmt zur Kenntnis die Veröffentlichung eines Leitfadens des Hochkommissariats mit dem Titel Militärdienstverweigerung aus Gewissensgründen (2012),
5. bestätigt, dass eine zunehmende Zahl von Staaten die Militärdienstverweigerung aus Gewissensgründen nicht nur Wehrpflichtigen gegenüber anerkennt, sondern auch freiwillig Dienenden und ermutigt Staaten, Anträge zur Militärdienstverweigerung vor, während und nach dem Militärdienst zuzulassen, auch für Reservisten,
6. erkennt an, dass eine zunehmende Zahl von Staaten, die weiterhin die Wehrpflicht haben, Schritte unternehmen, um die Einführung von Alternativen zum Militärdienst sicherzustellen,
7. begrüßt den Umstand, dass einige Staaten Anträge auf Militärdienstverweigerung aus Gewissensgründen ohne Untersuchung anerkennen;
8. appelliert an Staaten, die kein solches System besitzen, unabhängige und unparteiische Entscheidungsgremien zu schaffen, die die Aufgabe haben, zu bestimmen, ob im Einzelfall eine Militärdienstverweigerung aus Gewissensgründen vorliegt, unter Berücksichtigung der Bedingung, dass Verweigerer aus Gewissensgründen nicht aufgrund ihrer jeweiligen Anschauungen diskriminiert werden dürfen;
9. fordert Staaten mit einem Militärdienstpflichtsystem, in denen solche Vorkehrungen noch nicht erlassen wurden, dazu auf, Militärdienstverweigerern verschiedene Formen eines alternativen Dienstes anzubieten, die mit den Gründen der Militärdienstverweigerung vereinbar sind, einen zivilen oder waffenlosen Charakter besitzen, im öffentlichen Interesse liegen und keinen Strafcharakter haben;

10. betont, dass Staaten die notwendigen Maßnahmen ergreifen sollten, um auf die Inhaftierung oder wiederholte Bestrafung von Individuen nur aufgrund ihrer Militärdienstverweigerung aus Gewissensgründen sowie auf die wiederholte Bestrafung bei Verweigerung der Ableistung des Militärdienstes zu verzichten, und erinnert daran, dass wiederholte Bestrafung von Militärdienstverweigerern aus Gewissensgründen, wenn sie einem erneuten Befehl, den Militärdienst abzuleisten, nicht nachkommen, eine Bestrafung in Bruch des Rechtsprinzips ne bis in idem3 darstellen kann,

11. fordert Staaten auf, Personen freizulassen, die nur aufgrund ihrer Militärdienstverweigerung aus Gewissensgründen verhaftet oder inhaftiert sind,

12. wiederholt, dass Staaten in ihren Gesetzen und ihrer Praxis Verweigerer aus Gewissensgründen hinsichtlich der Dauer oder der Bedingungen des Dienstes oder wirtschaftlicher, sozialer, kultureller oder politischer Rechte nicht benachteiligen dürfen;

13. ermutigt Staaten, entsprechend dem Umstand des individuellen Falles, sofern dieser die anderen Bedingungen der Flüchtlingsdefinition nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge von 1951 und des dazugehörigen Protokolls von 1967 erfüllt, für jene Militärdienstverweigerer aus Gewissensgründen, die wegen ihrer Militärdienstverweigerung in ihrem Herkunftsland wohl begründete Verfolgung befürchten müssen und es dort keine, oder keine angemessenen Rechtsvorschriften für Militärdienstverweigerer aus Gewissensgründen gibt, die Gewährung von Asyl zu erwägen;

14. ermutigt ebenso Staaten, im Rahmen einer Friedenskonsolidierung nach einem Konflikt denjenigen, die aus Gewissensgründen die Ableistung des Militärdienstes aus Gewissensgründen verweigert haben, in Recht und Praxis Amnestie und die Wiederherstellung ihrer Rechte zu gewähren und für die tatsächliche Umsetzung dieser Maßnahmen Sorge zu tragen,

15. bestätigt die wichtige Bedeutung, dass Informationen über das Recht auf Militärdienstverweigerung aus Gewissensgründen und über die Art und Weise, wie vom Militärdienst betroffene Personen den Status eines Militärdienstverweigerers erlangen können, verfügbar sind;

16. begrüßt Initiativen, um solche Informationen breiten Kreisen bekannt zu machen und ermutigt Staaten, soweit anwendbar, Wehrpflichtigen und freiwillig im Militärdienst Dienenden Informationen über das Recht auf Militärdienstverweigerung aus Gewissensgründen zur Verfügung zu stellen,

17. drängt Staaten dazu, die Meinungsfreiheit der Personen zu respektieren, die Militärdienstverweigerer aus Gewissensgründen unterstützen oder die das Recht auf Militärdienstverweigerung fördern,

18. ermutigt Staaten, Informationen aus obengenanntem Bericht und Leitfaden des Hochkommissariats sowie der hier vorliegenden Resolution zu nutzen, um die Einführung und Umsetzung einer angemessenen Gesetzgebung, Politik und Praxis gegenüber Militärdienstverweigerern aus Gewissensgründen zu erwägen und dabei jedweder diskriminierenden Vorschrift zu begegnen und über die Inkraftsetzung einer angemessenen gesetzlichen Regelung zu informieren, um sicherzustellen, dass das Recht in der Praxis wahrgenommen werden kann,

19. lädt Staaten dazu ein, Informationen über die im Land ergangenen Regelungen zur Militärdienstverweigerung aus Gewissensgründen in ihren nationalen Berichten einzuschließen, die einem umfassenden und regelmäßigen Überprüfungsverfahren der Menschenrechtsorgane der Vereinten Nationen unterzogen werden,

20. beschließt die Angelegenheit in Übereinstimmung mit dem jährlichen Arbeitsprogramm unter dem gleichen Tagesordnungspunkt weiter zu verfolgen.

 

Fußnoten

1 Verbot der Doppelbestrafung (d. Red.)

2 A/HRC/23/22

3 Verbot der Doppelbestrafung (d. Red.)

UN-Menschenrechtsrat, 24. Sitzung, 27. September 2013, A/HRC/RES/24/17, Ohne Abstimmung angenommen. Übersetzung: rf. Quelle: http://ap.ohchr.org/documents/dpage_e.aspx?si=A/HRC/RES/24/17

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