Griechenland: Urteil gegen Kriegsdienstverweigerer Sotiropoulos

Beendet die Einschüchterungen und bereitet das Ende der Wehrpflicht vor

von EBCO

(16.06.2015) Das Europäische Büro für Kriegsdienstverweigerung (European Bureau for Conscientious Objection - EBCO) ist geschockt über die heutigen Ereignisse beim Berufungsmilitärgericht in Athen. Der griechische Kriegsdienstverweigerer Dimitris K. Sotiropoulos wurde vom Gericht wegen Befehlsverweigerung nach einem eindeutig ungerechten Prozess mit Verfahrensmängeln schuldig gesprochen und zu einer zehnmonatigen Haftstrafe auf Bewährung verurteilt.

“Das war ein per Definition ungerechtes Gerichtsverfahren und eine öffentliche Demonstration von Militärvorherrschaft. Nicht nur, dass ein Militärgericht eine Zivilperson verurteilte, was eine bedeutende Verletzung der Menschenrechte an sich darstellt, das Gericht erlaubte dem Kriegsdienstverweigerer nicht einmal eine ungehinderte Verteidigung. Das Militärgericht handelte fortwährend und wiederholt restriktiv, unterbrach und stoppte Zeugen, den Anwalt der Verteidigung und den Angeklagten selbst, sogar während seiner Verteidigungsrede, als er versuchte, seine Motivation für die gegen ihn vorgebrachten Taten zu erläutern“, erklärte heute Sam Bieseman, Vizepräsident von EBCO, nach dem Urteil gegen den griechischen Kriegsdienstverweigerer Dimitris K. Sotiropoulos aus Athen. Die Zeugen, die zur Verteidigung von Sotiropoulos aussagten, waren Nikos Chrysogelos (ehemalig Europaabgeordneter von Green), Afroditi Stambouli (Parlamentsabgeordneter von Syriza) und Sam Bieseman (EBCO-Vizepräsident).

EBCO fordert die neue Regierung von Griechenland auf, endgültig das Blatt zu wenden und der griechischen Militärvorherrschaft ein definitives Ende zu setzen sowie die Praxis von Gerichtsverfahren gegen Zivilpersonen durch Militärgerichte zu beenden. Es ist höchste Zeit für die griechische Regierung, die skandalöse Verfolgung von Kriegsdienstverweigerern und den himmelschreienden Missbrauch ihrer Menschenrechte zu beenden. “EBCO ruft auf zur vollen Anerkennung des Rechts auf Kriegsdienstverweigerung für Wehrdienstpflichtige, Reservisten und Berufssoldaten - in Übereinstimmung mit europäischen und internationalen Standards und ohne Einschränkungen oder Hindernisse - sowie zur Abschaffung der Wehrpflicht,“ fügte Sam Bieseman hinzu.

Der 48-jährige Sotiropoulos, Gründungsmitglied der Griechischen Vereinigung der Kriegsdienstverweigerer (www.antirrisies.gr), hat sich seit 1992 geweigert seinen Militärdienst anzutreten. Er erklärte öffentlich seinen Widerstand gegen Gewalt und Militarismus, und bat darum, einen gleichwertigen zivilen Dienst abzuleisten. Am 13. Mai 2014 wurde er in erster Instanz wegen Befehlsverweigerung angeklagt und zu zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt, 23 Jahre nach seiner ursprünglichen Verweigerung, obwohl er zu diesem Zeitpunkt bereits als Vater von drei Kindern vom Militärdienst befreit worden war. Leider ist Sotiropoulos nicht der einzige Kriegsdienstverweigerer, der in Griechenland strafrechtlich verfolgt wird. Zu mindestens zwei weiteren Kriegsdienstverweigerern werden diesen Monat von Militärgerichten wegen dem Vorwurf der Befehlsverweigerung Urteile gesprochen werden, weitere werden folgen. Zusätzlich wurden die Anträge von mehreren Kriegsdienstverweigerern auf Ableistung eines Zivildienstes vom Verteidigungsminister abgelehnt, nachdem der Prüfungsausschuss für Kriegsdienstverweigerer ablehnende Empfehlungen ausgesprochen hatte. Diese unakzeptable Praxis wird fortgeführt und stellt sich als Teufelskreis dar. Diese jungen Menschen werden dann zum Militärdienst einberufen. Wenn sie dem nicht Folge leisten, werden sie wiederholt gerichtlich verfolgt, weil Befehlsverweigerung im griechischen Recht als immer neue Straftat angesehen wird. So beginnt ein endloser Kreislauf von Verhaftungen und strafrechtlicher Verfolgung, mit Urteilen zu Bewährungsstrafen begleitet von enormen administrativen Geldbußen in Höhe von 6.000,-- € für jede Anklage wegen Befehlsverweigerung.

Ergänzende Information

Am Mittwoch wurde ein weiterer Totalverweigerer verurteilt. Auch Kriegsdienstverweigerer, die sich zur Ableistung des (Straf-)Alternativdienstes bereit erklären, sehen sich weiter Problemen ausgesetzt. Ich weiß von mindestens drei Fällen, die aufgrund einer Empfehlung des Prüfungsausschusses für Kriegsdienstverweigerer vom neuen stellvertretenden Verteidigungsminister zurückgewiesen wurden (der der Partei Syriza angehört – die Koalition der “radikalen Linken”).

In einem Gesetz, das demnächst vom stellvertretenden Verteidigungsminister ins Parlament eingebracht werden wird, gibt es keine substantielle Änderung zur bisherigen Gesetzgebung zur Kriegsdienstverweigerung. Die einzige Sache, die sie anbieten: Wer den (Straf-)Alternativdienst vor Ende 2016 antritt, bei dem werden anstehende Strafverfolgungen und Geldbußen, die noch nicht bezahlt wurden, aufgehoben.

EBCO: Greece, trial of conscientious objector Sotiropoulos: Stop the intimidations and prepare the end of conscription. 16. Juni 2015 (www.ebco-beoc.org); George Karatzas, eMail vom 18.6.2015. Auszug. Übersetzung: ub. Der Beitrag wurde veröffentlicht in: Connection e.V. und AG »KDV im Krieg« (Hrsg.): Rundbrief »KDV im Krieg«, Ausgabe September 2015.

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